Werke
Vita
Zhou Tiehais konzeptionelle Projekte sind symptomatisch für die Verachtung, die der Künstler der Egozentrik des Kunstmarkts entgegenbringt. Die Strahlkraft seiner Arbeiten, die sowohl erstaunen als auch provozieren, ist das Resultat einer Reihe von Strategien, die Antagonismus und Authentizität miteinander vermischen. Die Aneignung klassischer Bildweiten, das Generieren ironischer Projektionen, das Führen lakonischer, aber doch ernst gemeinter Diskurse, die Entkräftung künstlerisch-handwerklicher Qualität – all dies sind die Zutaten, die Zhou Tiehais verstörende, aber auch humorvolle Arbeitsweise bestimmen. Er nimmt sowohl die Rolle des Künstlers als auch des Chefs ein, denn viele seiner Airbrush-Bilder werden von Assistenten unter seiner Anleitung ausgeführt. Er erlaubt sich, mit dem historischen Ballast der Kunst zu spielen, d.h. er produziert Bilder, die zugleich selbst-bewusst und selbst-verleugnend sind; Virtuosität und Pop direkt nebeneinander auf ein und derselben Leinwand. Er manipuliert zu seinen Zwecken Titelseiten angesehener Zeitschriften und definiert den Begriff „künstlerischen Handelns“ innerhalb der Koordinaten der Kunstwelt und der globalen Wirtschaft neu. Er betreibt Selbstvermarktung mit Bildern, die die herkömmlichen Vorstellungen davon, wie Künstler auszusehen und sich zu verhalten haben, unterlaufen. Ironie ist wohl eines der Hauptmerkmale von Zhou Tiehais Kunst. Doch hinter der Ironie verbirgt sich ein echtes Engagement – und eine subjektive Kraft.
In der Placebo-Serie ersetzt Zhou Tiehai die Gesichter der abgebildeten Personen durch einen Kamelkopf mit modischer Sonnenbrille. Als Modelle wählte er klassische Portraits von Leonardo da Vinci, Goya oder lngres und
vergrößerte sie. Auch in diesen Bildern neutralisiert bzw. zerstört die Airbrushtechnik den „inspirierten“ Pinselstrich – Markenzeichen der europäischen Meister als auch chinesischer Tusche-Zeichnungen. Zhou Tiehai verschont keine der beiden Traditionen. Ein Placebo ist, wie allgemein bekannt, eine Ersatzdroge. Es ist eine wirkungslose Substanz, die einem Patienten verabreicht wird, um eine heilende Wirkung nur aufgrund seines Glaubens daran zu erzielen. Das Placebo in Zhous Arbeit ist vielleicht die konstruierte Bildlichkeit, die ihre unlogische Kraft und Faszination bewahrt, obwohl sie permanent ihre Un-Wirklichkeit bezeugt. Es handelt sich um kritische Kunst, aber nicht im konventionellen Sinne des Begriffs. Obwohl sich narrative Spuren zeitgenössischer Themen und der Mechanismen der Kunstrezeption finden lassen, vermeidet Zhou Tiehai klare Werturteile. Stattdessen präsentiert er dem Betrachter ein hochkomplexes Werk.
Zhou Tiehai wurde 1966 in Shanghai geboren und besuchte die Kunstschule der Universität in Shanghai, wo er auch heute noch lebt und arbeitet. Zhou Tiehai hatte umfangreiche Ausstellungen an angesehenen internationalen Institutionen wie z. B.: dem Whitney Museum of American Art in New York, den Deichtorhallen in Hamburg, der Kunsthal Rotterdam, dem Shanghai Art Museum und dem Hamburger Bahnhof in Berlin. Außerdem war er auf der 48. Biennale von Venedig, der 5. Biennale von Shanghai sowie der 4. Biennale von Gwangju in Südkorea vertreten.
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